Sigmund 1411 — 1437.
83
Wohnsitz wieder nach Rom. Aber gleich darauf fand eine Doppelwahl statt: ein italienischer Papst residierte seitdem in Rom, ein französischer in Avignon, und beide sprachen gegenseitig über sich und ihre Anhänger den Bann aus. Nachdem diese Kirchenspaltung dreißig Jahre gedauert hatte, setzte ein Konzil zu Pisa beide Päpste ab und wählte einen neuen; aber dadurch wurde die Lage noch schlimmer, da jene beiden nicht abdankten. Es gab nunmehr drei Päpste. Drei Päpste.
Dazu kam, daß das päpstliche Regiment überhaupt damals viele Mißstände aufwies. Wenn die Päpste früher den deutschen Königen öfter Simonie vorgeworfen hatten, so übten sie jetzt selbst die Übertragung geistlicher Stellen für Geld in großem Umfange. Dazu trat der gewinnsüchtige Mißbrauch des Ablasses, d. H. des an die Verrichtung guter Werke geknüpften Nachlasses zeitlicher Sündenstrafen. Über diese und andere Schäden entstand bei vielen denkenden und nationalgesinnten Männern ein tiefer Unwille; immer weiter verbreitete sich das Verlangen nach einer „Reform Forderung der Kirche an Haupt und Gliedern". So sah denn das Konzil, Kirchen, das 1414 unter kaiserlichem Schutze in Konstanz zusammentrat, als reform' seine Aufgabe einerseits die Beseitigung der Kirchenspaltung, andrerseits die Reform der Kirchenverfassung an.
Aber es fand noch eine dritte Aufgabe vor; es mußte zu den Lehren Stellung nehmen, die damals der böhmische Priester und Gelehrte Johann Hus aufstellte, und die sich nicht nur auf die Kircheuverfaffung,Johann Hus. sondern auch auf die kirchliche Lehre bezogen. Er hatte, beeinflußt von den Schriften des englischen Theologen John Wiclif, den Ablaß und die zunehmende Verweltlichung der Kirche, aber auch das Papsttum selbst und einige wichtige Lehren der Kirche als dem Evangelium nicht entsprechend angegriffen; insbesondere hatte er gefordert, daß beim heiligen Abendmahl auch den Laien und nicht nur den Priestern der Kelch gereicht werde. Hus hatte in Böhmen viel Anhang gefunden. Jetzt wurde er vor das Konzil gefordert.
Das Konstanter Konzil war wohl die glänzendste Versammlung Das Konzil geistlicher und weltlicher Fürsten im Mittelalter. Einer der drei Päpste,ö'uuhs‘5 Johann Xxiii., hatte sich eingefunden, ferner viele Kardinäle, Erzbischöfe, 1418-Bischöfe und andere Prälaten, dazu die Menge der weltlichen Fürsten und Würdenträger. Der Reichstag, der gleichzeitig stattfand, wurde dadurch besonders bedeutend, daß Sigmund 1415 die Mark Brandenburg, die er Belehnung einst geerbt, dann aber an seinen Vetter Jobst von Mähren verpfändet hatte, mäl?nben= und in der zu jener Zeit völlige Zerrüttung und Gesetzlosigkeit herrschte, 1415.
6*
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Hus Johann John_Wiclif Johann_Xxiii Johann Jobst_von_Mähren
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Avignon Konstanz Brandenburg
— 130 —
trächtlichen Teil seiner Ersparnisse. Er schenkte seinem Aellesten ein sür das Rechtsstnäinm sehr wichtiges Buch, ein corpus iuris (römische Rechtssammlung). Das wertvolle Buch sollte ein Lobn, vor allem aber ein Ansporn zu neuer Arbeit sein.
Doch der Mensch denkt, Gott aber lenkt! (Nach Joh. Dose.)
b) Luthers Eintritt ins Kloster.
Gründe: Als Luther das erste Mal aus dem Krankenbette lag, hatten sich mancherlei trübe Gedanken eingestellt. Besonders, der eine: „Wie kann ich durch mein Leben einen gnädigen Gott kriegen?" quälte ihn. Er ist ihn nicht wieder los geworden, da „das ernst und gestreng Leben" der Mutter auch ihn zu einem solchen drängte. Sein einziger Wunsch war, ein srommer Mensch zu sein, untadelig in allen Geboten und Satzungen des Herrn. Dies hielt er aber nur sür möglich, wenn er in ein Kloster ginge. Das Verlangen, Mönch zu werden, beseelte ihn und wurde durch besondere Umstände vergrößert.
Luther liebte es, wenn nicht öffentlich gelesen wurde, sich in der Universität Liberei auszuhalten. „Aus eine Zeit, wie er die Bücher sein nacheinander besieht, aus daß er die guten kennen lernt, kommt er über die lateinische Biblia, die er zuvor seines Lebens nie gesehen, doch vermerket er mit großem Verwundern, daß viel mehr Terte, Episteln und Evangelien drin wären, denn man in gemeinen Postillen (Predigtbuch) und in den Kirchen aus den Kanzeln pfleget auszulegen. Wie er im Alten Testament sich umsieht, kommt er über Samuelis und seiner Mutter Hanna Historien. Die durchliefet er eilend mit herzlicher Lust und Freude, und weil ihm dies alles neu war, sängt er an von Grund seines Herzens zu wünschen, unser getreuer Gott wolle ihm dereinst auch ein solch eigen Buch bescheren." Von Stund' an war der junge Magister an dieses Buch gebunden; er gewann es immer lieber. Die Bibel ging ihm über alle Rechtsbücher und ihre starren Gesetze.
Das angestrengte Lernen aber warf ihn auss Krankenbett, und er glaubte sein letztes Stündlein gekommen. Ein alter Priester tröstete ihn mit den Worten: „Mein lieber Luther, seid getrost, ihr werdet dieses Lagers nicht sterben, sondern Gott wird noch einen großen Mann aus euch machen, der viele Leute trösten wird." Das Wort erfüllte sich später. Zunächst bewahrheitete es sich, daß Luther genas. Doch blieb er schwermütiger als zuvor. Er hielt es nicht mehr für möglich, durch sein jetziges Leben einen gnädigen Gott zu kriegen; nur noch im Kloster glaubte er den zür nenden Gott versöhnen zu können.
Bald wurde sein ängstliches Gemüt abermals aufs höchste er schlittert. Einer seiner liebsten Freunde1) schied durch schwere Krans*
') Hieronymus Pontz (Buntz). — Er wollte mit Luther die Magister-würde erwerben, erlag aber während der Prüfung einer heftigen Nippenfell-entzündung.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
— 136 -
getsterter Ansprache. Er nannte ihn einen Rächer der Lüge der f miw« sir Unlb/U Glauben geraubt, und pries sich glücklich, jetzl \ q +s nöc,l 1 3u ld,sluen- In kurzer, bescheidener Antwort ft m u J*' er .10ld,C ^re nicf)t verdiene und auch nicht gehont habe, daß er sic aber als Zeichen der Liebe dankbar an nehme. _ann bewegte sich der Zug langsam durch bichtes Volks-gedrange der Stadt zu. Mauern, Türme und Wege, Häuser Straßen und Tore waren dicht mit Menschen besetzt. In den ihm wohlbekannten Raumen des Augustinerklosters nahm Luther bei seinem Freunde, dem Prior Johannes Lange, Wohnung.
Predigt m der Augustinerkirche: Die ganze Stadt war
in Aufregung, zumal Luther am folgenden Tage die Kanzel besteigen sollte. Der Herold hatte es gegen ausdrückliches Verbot zusaften müssen. Wie ein Heer wogten Unzählige in die Augustiners trche, Tausende mußten draußen stehen bleiben. So über füllt war die Kirche von Menschen, daß die Emporen zu brechen drohten und das Holz laut krachte. Das verursachte eine große Aufregung unter den Zuhörern; die einen flohen, die andern aber blieben vom Schrecken gefesselt auf ihren Plätzen. Da hielt der Redner auf der Kanzel einen Augenblick inne, dann streckte er die Hand aus und sprach mit kräftiger Stimme: „Fürchtet nichts,
es ist feine Gefahr da, der Teufel will mich abhalten, das Evan gelium zu predigen, aber es soll ihm nicht gelingen." Auf dieses Wort blieben die Fliehenden wieder stehen; die Versammlung beruhigte sich, und Luther sonnte feine Predigt1) weiter halten und jedem mit großer Schlichtheit sagen, wie er fromm werde und *ur Seligkeit komme.
Abreise: Bis zum 8. April weilte Luther in Erfurt. Die
Universität veranstaltete ihm zu Ehren noch ein Festmahl, der Rat der Stadt überhäufte ihn mit Ehren, und das Volk verehrte ihn wie einen Heiligen. Ueber Gotha und Eisenach gings dann weiter, zunächst nach Frankfurt. Jmmermehr glich feine Reife einem Triumphzug, trotzdem überall der kaiserliche Befehl angeschlagen war, der die Auslieferung der vom Papste verdammten Schriften Luthers verlangte. Bängliche Freunde glaubten, ihn jetzt vor der
Weiterreise warnen zu müssen; doch er blieb fest: „Ich' will hinziehen, wenn gleich so viel Teufel drin wären als Ziegel auf den
Dächern." (Nach D. Dr. Bärwinkel u. a.)
40. Luther auf der Warfburg.
Auf der Heimfahrt: Ant Freitag, den 26. April, reifte
Luther mit denselben Männern, die ihn auf der Hinreise begleitet hatten, wieder von Worms ab. Heimwärts nach Wittenberg ging
Suttier predigte über das Sonntagsevangelium „Habt Friede" Job. 20, 19—31 mit Uebeigehung der Geschichte vom zweifelnden Thomas.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]
Extrahierte Personennamen: Luther Johannes_Lange Evan Thomas
— 141 —
trümmert. Vom Roßplatz (jetzt Herrmannsplatz) dis zur Lauen-gaffe (am Fuße des Petersberges) bot alles das Bild entsetzlichster Zerstörung.
Das war das berüchtigte „Pfaffenstürmen" vom 11.—13. Juni 1521. Es schien ansangs der Stadt erhebliche, geldwerle Vorteile gebracht zu haben; denn die Geistlichen mußten, um in Zukunst gegen Angriffe jeder Art gesichert zu sein, 10 000 Gulden Schutzgeld zahlen und von den Bürgerhäusern, die in ihrem Besitze waren, fortan Geschoß entrichten. Bald aber solgle der hinkende Bote nach. Der Erzbischof verklagte den Rat vor Kaiser und Reich, und der geschädigte Vorsteher des Marienstistes strengte eine Klage bei der päpstlichen Regierung an, durch welche Rechtshändel der Stadt bedeutende Kosten erwuchsen. Außerdem büßte die neue Lehre sehr an Ansehen ein. Den schlimmsten Schaden jedoch hatte die Universität; denn die Lehrer und Schüler, welche mit dem übermütigen und unruhigen Teile der studentischen Jugend nichts gemein haben wollten, verließen für immer die Stadt.
Uebertritt der Geistlichen zur neuen Lehre: Durch den
Aufruhr waren die Geistlichen, welche der alten Lehre anhingen, derart eingeschüchtert worden, daß sie die Verbreitung des neuen Glaubens nicht zu hindern wagten. Er erhielt in jenen Tagen sogar einen bedeutenden Zuwachs aus den Klöstern. Eine große Zahl von Mönchen trat aus und nahm Wohnung in den Bürgerhäusern. Den Anfang damit machte der Führer der ganzen evangelischen Bewegung in Erfurt, Dr. Johannes Lang. Er trat int März 1522 mit 14 Brüdern aus dem Augustinerkloster aus. Ihnen folgte eine Anzahl Barfüßer unter Vorantritt von Egidiit* Mechler. Auch die anderen Klöster begannen sich zu leeren. Selbst die Nonnen wurden von der Bewegung ergriffen. Scharenweise traten sie aus und widmeten sich weiblichen Bernsen. Auch die ausgetretenen Mönche mußten bürgerliche Berufe ergreifen, da der Rat der Stadt anfangs nur 4, später 6 Männern die Erlaubnis gab, das Wort Gottes lutherisch in den Kirchen zu verkündigen.
Kanzelstreit: Die neuen Glaubensboten unterließen es nicht,
heftige Ausfälle gegen die alte Geistlichkeit zu machen, die das Volt ausgebeutet und in greulicher Finsternis erhalten habe. Der Papst wurde als Antichrist (Widerchrist) hingestellt und die Kirche eine Werkstatt der Lüge genannt. Im übrigen waren die Predigten im biblischen Tone gehalten und verkündigten mit Begeisterung die Rechtfertigung durch den Glauben, sowie den Trost des Evangeliums. Mit übergroßer Freude hörte das Volk solchen Predigten zu, dagegen sanden die Messen, die hier und da noch gelesen wurden, keine Teilnahme. Doch in manchen Gemütern gewann die Macht der kirchlichen Ueberlieferung bald wieder die Oberhand, namentlich seit der Augustinermönch Dr. Bartholomäus Ar-noldi von Usingen das Wort ergriff. Nach feiner Predigt über die Heiligenverehrung cim 20. April 1522, dem 2. Osterseiertage,
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
— 142 —
in der Mcmenftistsfircfye (Dom) kam es zwischen ihm und den Geistlichen der neuen Lehre zu einem heftigen Kanzelstreit. Auf jede Predigt Usingens folgte eine ganze Reihe von Gegenpredigten. Auch fehlte es nicht an Störungen im Gottesdienste, indem die Predigten teils durch Geräusch unterbrochen, teils sofort mit gegnerischen Bemerkungen widerlegt wurden. Außerdem erschien eine Flut von Flugschriften aus beiden Lagern.
Luther, der schon das „Pfaffenstürmen" mißbilligt hatte, verfolgte den Kamps mit der größten Aufmerksamkeit und mahnte wiederholt zur Mäßigung. Sogar ein Sendschreiben „An alle Christen zu Erfurt samt den Predigern und Dienern" erließ er. Es hatte aber keinen Erfolg, und so erschien er im Oktober 1522 selbst in Erfurts Mauern. Um jeglichen Empfang zu vermeiden, verließ er den Wagen, der ihn von Weimar herüberbrachte, schon vor dem Tore. Er war von Melanchthon und einigen anderen Freunden begleitet und nahm im Psarrhause der Michaelisgemeinde Wohnung. Am 21. Oktober predigte er in der Michaeliskirche über den Glauben und die guten Werke und am folgenden Tage in der Kaufmannskirche über Kreuz und Leiden, wie es ein rechter Christ tragen soll. Beide Male waren die Kirchen gestillt. Auch sonst fehlte es nicht an freudigen Begrüßungen und festlichen Veranstaltungen, doch den Frieden vermochte auch Luther nicht herzustellen. So kehrte er denn unverrichteter Sache noch am 22. mit seinen Freunden nach Weimar zurück.
Wichtige Aenderungen: Das nächste Jahr brachte die neue Lehre ein tüchtiges Stück vorwärts. Dem Beispiele Wittenbergs solgend, führte man allmählich eine evangelische Gottesdienstordnung ein und reichte das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Enel-samer, der Psarrherr der Michaelisgemeinde, machte damit den Anfang (am 15. Juli 1523), und bald schloffen sich die anderen Geistlichen seinem Tun an. Und noch ein wichtiger Schritt wurde getan. Egidins Mechler, der neugewählte Pfarrer der Bartholo mäusgemeinde (Bartholomäusturm auf dem Anger), führte mit Genehmigung des Rates der Stadt die Tochter eines Töpfers vor den Graden als sein fromm Gemahl in das Pfarrhaus am Anger. Ihm folgte ein Jahr später Dr. Johannes Lang nach, der die kinderlose und reiche Witwe des Ratsherrn und Weißgerbers Heinrich Mattern zu seinem trauten Eheweib erkor. Nach Verlaus eines weiteren Jahres vermählte sich als dritter Enel-samer. — In dieser Zeit (1524) waren von den 24 Pfarrkirchen der Stadt 7 in den Händen der Evangelischen. Es waren dies die Michaelis-, Moritz-, Bartholomäus-, Viti- (Rheinischer Hof). St Wigberti-, St. Pauli- (Paulsturm) und St. Martini (intra)=Kirche (cm der Schlösserbrücke). Außerdem verfügten sie noch über die Kirche des Schottenklosters, dessen Abt bet neuen Lehre günstig gesinnt war
Gleiche Verhältnisse herrschten auf dem Lanbe. In fast allen ersurtischen Dörfern waren die alten Pfarrherren, wenn sie nicht
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester]]
Extrahierte Personennamen: Melanchthon Egidins_Mechler Johannes_Lang Heinrich_Mattern Heinrich Martini
— 143 -
selbst zur neuen Lehre übergetreten innren, durch evangelische Geistliche ersetzt worden.
Während des Bauernkrieges: So standen die Dinge zu
Anfang des Jahres 1525, in welchem der Bauernkrieg ausbrach (f. Der Erfurter Bauernkrieg, Nr. 42). Durch ihn wurden die Verhältnisse tton Grund aus geändert. Das Messelesen, überhaupt der katholische Gottesdienst wurde in der ganzen Stadt bei Strase verboten, auch in den Klöstern und Stiftern. Die 24 Psarreien wurden in 10 zusammengezogen, um sie lebensfähiger zu machen. Bei einer Einwohnerzahl von vielleicht 20 000 Personen kamen auch jetzt erst 2000 Seelen auf eine Gemeinde. Die kleineren Kirchen wurden ganz geschlossen und nur die größeren zu Gemeindepfarrkirchen bestimmt. Zu diesen gehörten die Marienstists-(der Dom), die Schottenkirche und außerdem die acht Kirchen, welche heute noch in den Händen der Evangelischen sind, ausgenommen die Hospitalkirche. In ihr kehrte sich der Barsüßer-Prior Dr. Konrad Klinge nicht an das stadträtliche Verbot und las seine Messe eifrig weiter.
So war Erfurt um die Mitte des Jahres 1525 eine rein evangelische, und da es sich gleichzeitig von Mainz losgesagt hatte, auch eine unabhängige Stadt. Sie, die „treue Tochter des Mainzer Stiftes" (Erfordia fidelis est filia Moguntine sedis = Umschrift des alten Wappens, das den heiligen Martinus unter Türmen und Mauern, in einem Tore sitzend, zeigte, s. S. 5), wählte sich an Stelle des alten Stadtwappens ein neues, den Weltenrichter thronend auf dem Regenbogen, mit der Inschrift „Recte iudicate hominum ut non iudicemini“ (Richtet recht, Menschenkinder, daß ihr nicht gerichtet werdet)."
Einspruch des Erzbischofs: Doch änderte sich der für die
neue Lehre so günstige Zustand wieder. Der Erzbischos von Mainz ließ nichts unversucht, durch Kaiser und Reich die Herrschaft über Erfurt zurückzuerlangen. Der Rat sah sich gezwungen, in einigen Punkten nachzugeben. Schon am Ende des Jahres 1525 mußte er den katholischen Gottesdienst in mehreren der geräumten und geschlossenen Kirchen von neuem gestatten und im Dom den Gottesdienst für beide Lehren zulassen. Die Katholischen hatten bis um 9 Uhr ihre gottesdienstlichen Handlungen zu verrichten. Um diese Zeit hielt dann der evangelische Domgeistliche Dr. Lang Gottesdienst und Predigt, was ihm den Titel Nonarius einbrachte.
Auch sonst gewann die altkirchliche Partei wieder an Boden, so zog sie z. B. von neuem in den Rat ein. Unterdessen wurden die Verhandlungen mit Mainz weitergeführt, bis endlich zu An fang des Jahres 1530 ein Vergleich zwischen der Stadt und dem Erzbischof Albrecht Ii. zustande kam. Am Feste Mariä Lichtmeß 1530 traten beider Abgeordnete zu Hammelburg in Uuterftanfeu zusammen, und schon nach drei Tagen war man in folgenden Punkten einig:
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober]]
TM Hauptwörter (200): [T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]
Extrahierte Personennamen: Konrad Konrad Albrecht_Ii Albrecht Mariä_Lichtmeß
— 144 —
1. -i er Erzbischof erhält 2500 Guldeu in zwei Teilzahlungen biy Martini 1531. Die beiden Stifter erhalten die noch vorhandenen Kleinodien vom Rate zurück, außerdem 1200mark^) Silber und zwar in jährlichen Zahlungen von 50 Mark vom fsabre 1538 ab.
2. Tic erzbischöflichen Hoheitsrechte werden wieder hergestellt; gegen Zusicherung jeglichen Straferlasses verspricht die Stadt, sich gegen den Erzbischof zu verhalten, „wie es treuen Untertanen Wohl gebührt und zusteht."
3. Tie Marien- und Severikirche werden dem alten Glauben zurückgegeben, ebenso das Peterskloster.
- ltgegen wollte der Erzbischos „in machen den Glauben und die Zeremonien (heilige Handlungen) betreffend hiermit und diesmal feiner Partei etwas gegeben, genommen, erlaubt oder verboten haben" —, d. H. er erkannte stillschweigend die Lossagung des größeren Teiles der Stadt von der geistlichen Rechtspflege und Oberhoheit an und gewährleistete in einer Anzahl von Kirchen denjteuen Ritus (gottesdienstlicher Gebrauch), obwohl soeben noch in Lpeier das Wormser Edikt (Erlaß) zur Unterdrückung der neuen Lehre erneuert worden war.
Besonders hart wurden die Evangelischen durch den 3. Punkt des Vertrages getroffen, am härtesten darunter aber Dr. Lang, Erfurts Reformator, und feine Gemeinde im Dom. Schweren Herzens räumte er das herrliche Gotteshaus, um fortan als Geist lieber der Michaelisgemeinde tätig zu sein: zugleich aber wurde er Nonarius an der Predigerkirche (heute die Stelle des Frühpredigers). Domgeistlicher wurde der Pfarrer au Der Hospital kirche, welche fortan von den Evangelischen in Besitz genommen wurde.
v>n dieser Ordnung haben sich die kirchlichen Verhältnisse unverändert bis auf den heutigen Tag erhalten. (Nach Pros. Dr. Joh. Biereve u. a.)
42. Der Erfurter Bauernkrieg.
Anmarsch der Bauern: Es war Ende April 1525, als
vor dem äußeren Spielbergtor (Gegend des heutigen Bahndurchgangs nach der Daberstedter Schanze) Tausende von Bauern erschienen, um mit Gewalt in die Stadt einzudringen. Zugleich batten sich vor dem inneren Augusttor (Kreuzung Gartenstraße u. Reglermauer mit der Bahnhofstraße) große Haufen Vorstädter zusammengerottet, die mit den Bauern gemeinsame Sache machen wollten. Ihre Absicht war, das Regiment der Stadt zu stürzen uns einen neuen Rat einzusetzen, in welchem sie Sitz und Stimme hatten. Ferner wollten sie ihre Steuerlast an Stadt und Kirche
’) 1 Mars — 12 Lot ntnb 250 Gr.; größere Geldsummen wurden meist gewogen.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
102
Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1619-1648.
Die Abwesenheit traten in Wittenberg „Schwarmgeister" auf, teilweise €6$etms Tuchmacher aus Zwickau, Leute, welche von Gott begeistert zu sein glaubten, ihre Eingebungen für bedeutsamer als die Worte der Bibel erklärten und die Forderung aufstellten, der Gottesdienst müsse gänzlich umgestaltet, die Bilder in den Kirchen zerstört, die Kindertaufe abgeschafft und durch eine Taufe der Erwachsenen ersetzt werden. Ihnen schloß sich auch Karlstadt an; und schon gewannen sie viel Anhang und fingen an, ihre Neuerungen gewalt-1522.sam durchzusetzen. Da erschien Luther in Wittenberg. Er hatte auf die Mahnungen seines Kurfürsten, der ihn auf die ihm drohende Gefahr aufmerksam machte, geantwortet, daß er in Gottes Schutz stehe: „Ja, ich meine, ich wollte Ew. Kurfürstliche Gnaden mehr schützen, als Sie mich schützen könnten. Wer am meisten glaubt, der wird hier am meisten schützen." Eine Woche lang predigte er täglich gegen das Unwesen der Bilderstürmer und Wiedertäufer und erreichte, daß sie aus Wittenberg weichen mußten.
Luthers Luther aber blieb fortan unangefochten in Wittenberg. Einige Zeit aäti9lcit später legte er die Mönchskutte ab und heiratete Katharina von Boret, die, aus einem sächsischen Adelsgeschlecht stammend, bereits als Kind in ein Kloster gebracht worden war und es nun, wie so viele andere Mönche und Nonnen, verlassen hatte. Außer Philipp Melanchthon standen ihm Justus Jonas, Bugenhagen und andere Freunde zur Seite. Er predigte, er beriet in kirchlichen Dingen seinen Landesherrn und so manchen deutschen Fürsten, dazu viele andere Rat und Hilfe suchende Deutsche aller Stände, er schrieb Bücher und Streitschriften, er forschte in der Schrift und fuhr fort sie zu übersetzen, er dichtete endlich seine herrlichen Kirchenlieder.
§ 107. Die Reformation Ulrich Zwinglis. Indessen hatte auch in der Schweiz der Abfall von der alten Kirche begonnen. Der schweizerische Lwingii in Reformator wurde Ulrich Zwingli, der als Sohn wohlhabender 8md>' Bauern aus einem Alpendorfe stammte, auf mehreren Universitäten studiert
hatte, dann Geistlicher geworden und damals Priester in Zürich war. Auch ihn brachte, wie Luther, das Ablaßwesen in Gegensatz zu der päpstlichen Kirche; in demselben Jahre, in dem für Luther die Leipziger Disputation entscheidend wurde, erwirkte er, daß der Rat von Zürich einen Ablaßprediger auswies. In den nächsten Jahren wurde in Zürich die Reformation durchgeführt, dem Papste der Gehorsam aufgesagt, die Messe abgeschafft, die Heiligenbilder und jeder Schmuck aus- den Kirchen entfernt. Andere Schweizer Städte, besonders Bern und Bäsel, schlossen sich diesem Vorgehen an.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz]]
62
Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs 1273—1519.
Wohnsitz wieder nach Rom. Aber gleich darauf fand eine Doppelwahl statt: ein italienischer Papst residierte seitdem in Rom, ein französischer in Avignon, und beide sprachen gegenseitig über sich und ihre Anhänger den Bann aus. Nachdem diese Kirchenspaltung dreißig Jahre gedauert hatte, setzte ein Konzil zu Pisa beide Päpste ab und wählte einen dritten; aber dadurch wurde die Lage noch schlimmer, da jene beiden nicht abdankten. Es gab Drei Pöpste. nunmehr drei P ä p st e.
Dazu kam, daß das päpstliche Regiment überhaupt damals viele Miß-stände auswies. Wenn die Päpste früher den deutschen Königen öfter Simonie vorgeworfen hatten, so übten sie jetzt selbst den Verkauf geistlicher Stellen für Geld in großem Umfange. Dazu trat der gewinnsüchtige Mißbrauch des Ablasses, d. H. des an die Verrichtung guter Werke geknüpften Nachlasses zeitlicher Sündenstrafen. Uber diese und andere Schäden entstand bei vielen denkenden und nationalgesinnten Männern ein tiefer Unwille; 50letn£n9immer weiter verbreitete sich das Verlangen nach einer „Resorm der «jssu Kirche an Haupt und Gliedern". So sah denn das Konzil, das 1414 unter kaiserlichem Schutze in Konstanz zusammentrat, als seine Aufgabe einerseits die Beseitigung der Kirchenspaltung, andrerseits die Reform der Kirchenverfassung an.
Aber es fand noch eine dritte Aufgabe vor; es mußte zu den Lehren Stellung nehmen, die damals der böhmische Priester und Gelehrte Im»Johann Hus ausstellte und die sich nicht nur auf die Kirchenverfassung, sondern auch aus die kirchliche Lehre bezogen. Er hatte, beeinflußt von den Schriften des englischen Theologen John Wiclis, den Ablaß und die zunehmende Verweltlichung der Kirche, aber auch das Papsttum selbst und einige wichtige Lehren der Kirche als dem Evangelium nicht entsprechend angegriffen; insbesondere hatte er gefordert, daß beim heiligen Abendmahl auch den Laien und nicht nur den Priestern der Kelch gereicht werde. Hus hatte in Böhmen viel Anhang gefunden. Jetzt wurde er vor das Konzil gefordert.
Das Konzil Das K o n st a n z e r Konzil war wohl die glänzendste Versammlung Konstanz, geistlicher und weltlicher Fürsten im Mittelalter. Einer der drei Päpste, Johann Xxiii., hatte sich eingefunden, ferner viele Kardinäle, Erzbischöfe, 1418. Bischöfe und andere Prälaten, dazu die Menge der weltlichen Fürsten und Würdenträger. Der Reichstag, der gleichzeitig stattfand, wurde dadurch be-Belehnung sonders bedeutend, daß Sigmund 1415 die Mark Brandenburg, die ^mitb^an- 'er einst geerbt, dann aber an seinen Vetter Jobst von Mähren verpfändet 6u15?* hatte und in der zu jener Zeit völlige Zerrüttung und Gesetzlosigkeit herrschte.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
Extrahierte Personennamen: John_Wiclis Johann_Xxiii Johann Jobst_von_Mähren
Extrahierte Ortsnamen: Rom Rom Avignon Konstanz Brandenburg
98
Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519 — 1648.
§ 103. Martin Luther. Martin Luther stammte aus einer Bauernfamilie. Sein Vater, der aus Thüringen gebürtig war, arbeitete als armer io. Novbr. Bergmann in Eisleben, wo sein Sohn Martin am 10. November 1483 1483' geboren wurde; später zog er nach M a n s f e l d, wo er sich ein Haus erwarb und ein angesehener Mann wurde. Der Sohn wurde streng erzogen und oft „hart gestäupt". Mit vierzehn Jahren wurde er nach Magdeburg auf die lateinische Schule gebracht, von wo er bald nach Eisenach übersiedelte ; dort sang er, um sein Brot zu verdienen, als Kurrendeschüler toor den Häusern. Erst als sich Frau Ursula Cotta seiner erbarmte und ihn Erfurt, an ihren Tisch zog, lernte er ein behaglicheres Leben kennen. 1501 bezog lo01' er die Universität Erfurt; er sollte Jura studieren, um später ein Beamter werden zu können. Aber nach vierjährigem Studium trat Luther, von 1505. Gewissensängsten getrieben, in das Kloster der Augustiner in Erfurt ein. Dort unterzog er sich allen mönchischen Pflichten mit dem größten Eifer und der größten Selbstverleugnung. Er sammelte Almosen vor den Türen der Leute, er marterte Leib und Seele durch Buhübungen und Kasteiungen, er vertiefte sich in die Schrift und die Kirchenlehrer, ohne doch den Frieden des Herzens mit Gott zu finden. Da brachte ihm zuerst der Generalvikar des Ordens, Johann Staupitz, die Überzeugung nahe, daß der Mensch nicht durch die eigenen Werke gerecht werden könne, daß Gott aber um Christi willen dem, der reuig zu ihm komme, seine Sünden vergebe. Und diese Überzeugung kräftigte sich in ihm mehr und mehr durch das Studium der Briefe des Apostels Paulus und der Schriften des großen Kirchenvaters Augustinus. Seitdem ward Luther immer fester in sich, immer mutiger, immer freudiger, ein starker religiöser Charakter. 1508 wurde er auf 508**0’ (Stäupt^ Betreiben an die Universität Wittenberg berufen, die der sächsische Kurfürst Friedrichderweisevor kurzcm gegründet hatte; dieser entstammte der ernestinischen Linie des Hauses Wettin, während die albertinische Linie in Sachsen-Meißen herrschte. Einige Jahre später hatte Luther in Ordensangelegenheiten eine Reise nach Rom zu machen.
Da kam 1517 Tetzel, zwar nicht nach Kursachsen, das ihm der Kurfürst zu betreten verboten hatte, aber doch an die Grenze des sächsischen Gebietes und fand auch aus Wittenberg viel Zulauf. Unter diesen Umständen fühlte sich Luther durch seine Pflicht als Seelsorger gedrängt, nicht zu schweigen, sondern sich gegen den Mißbrauch des Ablasses öffentlich zu erklären, und am Abend des 31. Oktober 1517 schlug er seine lateinisch Die abgefaßten 95 Thesen über den Ablaß an die Tür der Schloßkirche zu
8v Oktober Wittenberg. Er hatte dabei zunächst nur die Absicht, Tetzel zur öffentlichen 1517' Disputation herauszufordern, wie das damals unter Gelehrten häufig vor-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort]]
Extrahierte Personennamen: Martin_Luther Martin_Luther Bergmann Martin Ursula_Cotta Luther Johann_Staupitz Johann Apostels Paulus Augustinus
Extrahierte Ortsnamen: Eisleben Magdeburg Eisenach Erfurt Erfurt Christi Wettin Sachsen-Meißen Rom Wittenberg Wittenberg